„Berlin, wir haben ein Problem …“  

Man braucht nur einen kurzen Blick in die sozialen Medien zu werfen, um zu sehen, wie jede Diskussion sofort von irgendeinem anonymen Teilnehmer radikalisiert wird, ganz gleich, um welches Thema es geht. Das Problem scheint der wachsende Glaube zu sein, dass die Gesellschaft nur aus fragwürdigen Konstrukten besteht, die allesamt korrupt und Agenda-gesteuert sind. Das Problem ist, dass diese Ansicht oft die eigene Einstellung zur Gesellschaft widerspiegelt und die fehlende Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen.  

Das größte Problem, das ich beobachte, ist, dass die Menschen sich selbst nicht mehr im geistigen Spiegel betrachten. Sie glauben, was die Stimme in ihrem Kopf ihnen sagt, ohne innezuhalten und die Gedanken zu hinterfragen. Die Frage ist nicht so sehr, ob etwas wahr ist, sondern ob es in meinem Freundeskreis Akzeptanz findet. Infolgedessen haben wir eine seltsame Vorstellung von Demokratie entwickelt, bei der die Mehrheit bestimmt, ob etwas wahr ist, und nicht eine ausgewogene Recherche. Das Problem dabei ist, dass wir es schon einmal erlebt haben, dass es wichtig war, alle zusammen mitzuschreien und mitzumarschieren.  

Es macht es denjenigen leicht, die einen autoritären Staat bevorzugen, denn die Menschen sind leicht zu manipulieren, und je mehr ich sie von Bildung oder informierter Berichterstattung trenne, desto leichter ist es für sie, denen zu glauben, die ihnen nach dem Mund reden, gefällige Parolen ausgeben und sie bei Laune halten. Es hilft, klare Feindbilder zu haben, „den Buhmann“, der für alle steht, die man je unsympathisch fand. Deshalb sollte er leicht zu erkennen sein und in den sozialen Medien entsprechende Beschimpfungen hervorrufen, die unisono wiederholt werden können.  

Interessant ist, dass es von beiden Seiten der politischen Extreme genutzt wird, so dass die Anarchie plötzlich seltsame Verbündete offenbart und Mitglieder der Linken und der AfD Hand in Hand die Demokratie in Frage stellen. Es ist auch vergleichbar damit, wie ein hysterischer Eiferer versucht, extreme Positionen durchzusetzen, sei es die uneingeschränkte Akzeptanz des Zugangs von Transgendern zu allen Bereichen, die zum Schutz von Frauen und Mädchen eingerichtet wurden, oder das genaue Gegenteil, Transgender praktisch verbieten zu wollen. Absolute Schrankenlosigkeit versus absolute Kontrolle, und in der Mitte scheint es ein Niemandsland zu geben. Wie gesagt, wir waren schon einmal hier, als sich die Leute eingegraben und mit Granaten beworfen haben. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte in Deutschland Einigkeit darüber, dass von deutschem Boden kein Krieg ausgehen sollte. Es scheint, dass wir uns im eigenen Land zum verbalen Krieg anstacheln ließen. Jeder wusste, dass die große Begeisterung für den Sport, die bedingungslose Treue zur eigenen Mannschaft und die Verachtung für die Fans der gegnerischen Mannschaft, ein Ersatz für den Krieg war. Dass sie nun auch auf jede Debatte übertragen wurde, hat zugenommen. Ja, es gibt andere schlimmere Beispiele, höre ich mein Leser sagen, doch diese stellen ein Trend dar, und es wird angestachelt von Ländern, die bereits unter autoritären Regimen stehen. Der kalte Krieg lebt wieder auf. 

Passen Sie bitte auf, glauben sie erstens die Stimme im eigenen Kopf ohne Vorbehalt, und auch nicht was andere sagen, ohne zu prüfen, ob es wahr ist. Nur weil ein Freund etwas gesagt hat, bedeutet nicht, dass es wahr sein muss. Jede von uns kann getäuscht werden, und je verbissener unser Kampf, umso schwieriger es ist sich zu revidieren. Vor allem, wir können nur zusammen die Probleme bewältigen, die auf uns zukommen, nicht in Schützengräben eingegraben. 

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