Magie neu entdeckt – 16

Bernd erschreckte als er wach wurde und schaute um sich, um Orientierung zu bekommen. Er merkte, dass er von seiner Frau geträumt hatte, aber der Traum war zu schnell aufgelöst, um mehr als ihr Gesicht in Erinnerung zu behalten. Jacqueline war nicht im Bett und der Balkontür war geöffnet, also stand Bernd auf in seine kurze Schlafhose, ging zuerst ins Badezimmer, und dann zur Balkon Tür und schaute hinaus.

Jacqueline saß in ein Laken gehüllt da und trank Kaffee vom Zimmerservice. Sie sah sich um und sagte: „Oh, hallo, Schlafmütze, du warst schnell bei den Feen! Hast du etwas Schönes geträumt?“

Bernds Lächeln war verlegen. „Es war gestern ein ziemlich aufregender Tag. Ich habe sogar ein Souvenir“, sagte er und zeigte auf eine große Prellung an seinem Knie.

Jacqueline hielt ihren Arm hoch. „Mein Ellbogen hat auch etwas Schaden genommen. Übrigens habe ich die Unterwäsche, die du in die Dusche geworfen hast, gewaschen und zum Trocknen aufgehängt.“ Sie zeigte auf die Wäscheleine hinter sich.

Bernd runzelte die Stirn über seine Vergesslichkeit. „Danke, ich mache mir einen Kaffee“, sagte er. „Hast du noch genug?“

„Ja, habe ich,“ sagte sie, „Ist nur löslicher Kaffee, ich warte noch bis zum Frühstück.“

Bernd fand genug Wasser im Kocher und schaltete das Gerät ein, dann bereitete sich seine Tasse vor. Jacqueline kam herein, stellte ihr Tasse ab, und küsste ihn auf der Wange. „Du siehst sportlich aus!“ sagte sie.

„Tarnung, nur Tarnung,“ antwortete Bernd.

Jacqueline sortierte ihre Kleidung, warf das Laken auf das Bett und ging nackt ins Badezimmer. Bernd lächelte, schüttelte den Kopf und fragte sich, ob ihn ihr Verhalten jemals nicht überraschen würde. Er dachte an das erste Mal, als sie sich trafen, wie über Clarissas „FKK-Kultur“ gesprochen wurde und wie sie sagte: „Nichts für mich!“ Offenbar hatte sie damit doch keine Probleme. Er musste sich an diese plötzliche Vertrautheit in ihrer Beziehung gewöhnen.

Er ging zum Balkon, setzte sich auf den Plastikstuhl, den Jacqueline benutzt hatte, und blickte auf das Meer, wo ein strahlender neuer Tag angebrochen war. Seine Unsicherheit kehrte unerwartet als Körpergefühl zurück und er lehnte sich zurück und atmete ein paar Mal tief durch. Er fragte sich, ob diesen Zustand ewig so bleiben würde. Was würde Brigitte zu ihm sagen, wenn sie ihn jetzt sehen könnte? War sein Traum ein Besuch von ihr gewesen? Er dachte, sie würde ihm wahrscheinlich sagen, dass er ein alter Idiot war, wenn das so gewesen wäre.

Als Jacqueline aus dem Badezimmer kam, hatte sie sich in Petra verwandelt. Bernd war überrascht, wie gut die Perücke ihre wahre Identität verbarg. Ihre roten Haare waren sehr auffällig, aber als Blondine sah sie völlig anders aus. Als Petras unprätentiöses, gewöhnliches, und weniger glamouröses Gesicht ihn unschuldig anlächelte, wurde ihm auch klar, dass Jacqueline auch eine geborene Schauspielerin war. Die Hexe war verschwunden.

Er sah sie tief in Gedanken an, und die Zeit schien ein Moment stillzustehen, doch dann näherte sie sich ihm und küsste ihn. „Habe ich dich schon wieder verzaubert? Nun, husch, husch, ich habe Kaffeedurst.“ Er sammelte seine Sporthose, ein T-Shirt, Unterwäsche und Socken ein, und Petra gab ihm den weißen Kapuzenpullover. „Zieh das an, es sieht gut aus.“

Bernd nahm seine Klamotten und ging ins Badezimmer, um sich frisch zu machen. Nachdem er sich rasiert hatte, kam er heraus und wurde von Jacqueline begrüßt, die ihm einen Kuss gab und sagte, er sehe jeden Tag jünger aus. Bernd lachte und sagte, er habe Hunger. Dann holte er seine Brieftasche aus dem Safe, die er sorgfältig wieder verschloss, bevor sie das Hotelzimmer verließen, um eine Bäckerei zum Frühstücken zu finden. Während sie durch den Empfangsbereich eilten, hielten beide Ausschau nach Uri. Unter der Führung von Jacqueline fanden sie eine Backstube, die sie auf ihrem Telefon gefunden hatte.

Glücklicherweise war es geöffnet und noch nicht von vielen Leuten besucht, also gaben sie ihre Bestellungen auf und nahmen ihre Plätze ein. Der Duft von frisch gebackenem Brot regte ihren Hunger noch mehr an und sie waren dankbar, als ihre Bestellung schnell an den Tisch gebracht wurde. Als Jacqueline ihren Kaffee austrank, fragte sie Bernd: „Bist du bereit, Klaus zu treffen?“

„Um ihn mache ich mir keine Sorgen, aber was ist mit Han? Wir haben gestern fast einen ganzen Tag verpasst.“ Jacqueline fiel auf, dass Bernd oft nervös wirkte, obwohl er versuchte, es zu verbergen. Sie war sich seiner Geschichte und der Tatsache bewusst, dass er früher ein Einzelgänger war, aber sie glaubte, sie könne ihm helfen, sein Selbstvertrauen wiederzugewinnen. Am Tag zuvor hatte sie ihn unter der Dusche überrascht, aber er hatte es zugelassen und schien die Intimität genauso zu brauchen wie sie. Sie konnte spüren, dass er trotz seiner Tendenz, sich wie ein alter Mann zu benehmen, immer noch voller Lebenskraft war.

Als der Beginn des Kurses näher rückte, machten sie sich auf den Weg zur Klinik und sahen Klaus mit einer der Frauen, die Jacqueline zum Strand begleitet hatte, die Straße herunterkommen. Als sie näherkamen, flüsterten sie auffällig miteinander und grinsten Jacqueline und Bernd im Vorbeigehen an. Jacqueline sah Bernd mit einer Grimasse an und sagte: „Ellie! Und sie hat Geschichten erzählt. Sie hat auch eine lebhafte Fantasie!“

Nachdem jeder eine Flasche Wasser aus der nachgefüllten Kiste genommen hatte, fanden sie zwei Stühle nebeneinander und setzten sich. Nach und nach strömten die Teilnehmer herein. Zum Schluss kam Han herein, der, als er sie sah, Jacqueline und Bernd zu sich bat. Sie folgten seine bitte und liefen zur Seite des Zimmers. „Frau Beyer, ich habe ihre Nachricht bekommen, aber ich bin nicht glücklich über ihre Abwesenheit gestern. Ich verstehe nicht, warum Herr Becker sie begleiten musste.“

„Es tut mir leid, Han, aber ich hatte einige Probleme mit meinem Vermieter und brauchte Hilfe. Herr Becker war so freundlich, mir zu helfen“, erklärte Jacqueline. Bernd bemerkte, dass die Geschichte nicht völlig erfunden, sondern nur etwas komprimiert war und nickte zustimmend. Han verteilte dann mehrere Blätter Papier und sagte: „Das sind die Texte von gestern, und wenn Sie Fragen haben, können wir diese in der Pause besprechen.“ Han ging dann zur Klasse und Jacqueline und Bernd zu ihren Plätzen. Bernd sah wie Klaus und seine neue Freundin ebenfalls nebeneinandersaßen und dachte, „Zumindest wir er sich nicht mehr um uns kümmern!“

Bernd und Jacqueline waren zu sehr ineinander vertieft, um Hans Anweisungen und Achtsamkeitsübungen große Aufmerksamkeit zu schenken. Bernd war oft in Gedanken versunken, wenn er sich auf den gegenwärtigen Moment konzentrieren sollte, während Jacqueline gelegentlich seine Hand hielt, wenn sie dicht beieinandersaßen. Han schien diese Anzeichen ihrer mangelnden Konzentration zu bemerken und missbilligte sie, wandte sich jedoch die anderen Teilnehmer zu.

Die Gruppe machte eine Mittagspause und Bernd bemerkte, dass Klaus und Ellie gemeinsam mit einem breiten Lächeln im Gesicht hinausgingen. Bernd fand Klaus‘ Verhalten albern, aber Jacqueline gab ihm einen Stoß und lächelte, um zu zeigen, dass sie wusste, was sie vorhatten. Er war besorgt, dass Jacqueline die gleichen Erwartungen an ihn stellen könnte, aber stattdessen, als könnte sie seine Gedanken lesen, hielt sie einfach seine Hand, als sie die Klinik verließen, um einen Spaziergang ans Meer zu machen. Als sie in der Sonne standen, sagte Jacqueline: „Bernd, du musst dich entspannen. Es ist alles in Ordnung!“

Bernd wandte sich an sie: „Du bist es vielleicht gewohnt, so ein Leben zu führen, aber ich bin es nicht. Gestern Abend haben wir über alles außer dem Offensichtlichen gesprochen.“

„Jacqueline lächelte ihr Petra-Lächeln und sagte: „Wenn es offensichtlich ist, müssen wir dann darüber reden?“

„Ich denke, du weißt, was ich meine“, antwortete Bernd. „Die Welle der Zuneigung, die du mir entgegenbringst, überwältigt mich. Ich bin ein mürrischer alter Mann, der ein Vermögen für einen Urlaub mit Therapie ausgegeben hat und sich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit einer jüngeren Frau befindet. Es ist schmeichelhaft, aber sehr verwirrend.“

Jacqueline streichelte sein glattrasiertes Gesicht und sagte: „Du siehst nicht so mürrisch aus, nur nervös!“ Sie küsste ihn sanft. „Weißt du, die Tatsache, dass du meine Hingezogen sein zu dir schmeichelhaft, aber auch verwirrend findest, ist auch eine die liebenswerten Eigenschaften, die ich attraktiv finde.“

Bernd drehte sich zum Meer um. „Du hast davon gesprochen, mich zu verzaubern …“

„Das war ein Scherz, Bernd“, unterbrach Jacqueline.

„Aber so fühle ich mich im Moment“, antwortete er. „Ich bin ein wenig benommen und beobachte, wie ich Dinge tue, die ich mir nicht hätte vorstellen können.“

Jacqueline lächelte. „Aber du hast es gebraucht“, sagte sie, „das habe ich in deiner Berührung gespürt. Du hast es genauso gebraucht wie ich. Es ist Zuneigung, Bernd, mehr nicht! Es gibt keine Verpflichtung.“

Bernd stand eine Weile schweigend da und Jacqueline respektierte sein Schweigen, indem sie still neben ihm stand. Die sanfte Meeresbrise wehte ihnen ins Gesicht und nach ein paar Minuten legte Jacqueline ihren Arm um Bernds Taille. „Komm, lass uns wenigstens einen Kaffee trinken“, schlug sie vor. Bernd nickte zustimmend und nahm ihre Hand, als sie losgingen. Jacqueline freute sich über seine Reaktion und belohnte ihn mit einem Kuss auf die Wange.

Bernd merkte, wie Jacqueline sich ein seine Eigenart anpasste, und gab nur sanfte Hinweise, anstatt ihn zu dominieren. Er fand auch diese Eigenschaft ungewöhnlich für eine Frau, die bereits gezeigt hat, wie leidenschaftlich sie sein konnte. „Andererseits,“ sagte er sich, „sie bekommt, was sie will. Ich bin an ihre Seite, und wir könnten als Paar durchgehen.“ Als sie der Cafeteria verließen, legte er sein Arm um sie, und sie erwiderte seine Zärtlichkeit.

Als sie die Klinik erreichten, sahen sie Klaus und Ellie draußen stehen und auf sie warten. Als sie sahen, wie sie um die Ecke bogen, kamen sie auf sie zu. Klaus sprach: „Was habt ihr beide angestellt?“ Seine Stimme hatte nichts von der Zweideutigkeit, die die Frage hätte vermuten lassen. „Wir wurden von einigen sehr offiziell aussehenden Leuten befragt“, sagte er mit ernster Miene. Ellie nickte begeistert und fügte hinzu: „Sie haben uns ein Foto gezeigt und ich war mir sicher, dass du es mit den roten Haaren warst, und ich erinnerte mich … du weißt schon!“

Jacqueline fragte: „Hast du ihnen etwas gesagt?“

Klaus stand stolz da und sagte: „Kein Wort! Ich habe ihnen gesagt, sie sollen sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern, aber dann wurden sie offiziell und zeigten uns ihre ID.“

„Das ist Fake!“ sagte Jacqueline. „Haben sie dir den Namen der Person gesagt, nach der sie suchen?“

Klaus fragte: „Woher weißt du, dass es eine Fälschung war?“

Bernd warf ein: „Klaus, nach wem haben sie gesucht?“

„Irgendein französischer Name“, antwortete Klaus und Ellie nickte erneut begeistert und sagte „Clement“ mit einem schlechten nachgemachten französischen Akzent.

Jacqueline sah besorgt aus, sagte aber zu Bernd: „Keine Sorge, ich gehe zur Polizei. So können sie nicht weitermachen.“ Sie wandte sich an Klaus und Ellie und sagte: „Danke für Ihre Unterstützung.“ Sie drehte sich um und sagte zu Bernd: „Bleib hier, ich kümmere mich darum“, und sie ging zügig davon und ließ Bernd ratlos zurück. Er war sich nicht sicher, was er tun sollte, befolgte aber ihre Anweisungen, obwohl er nicht davon überzeugt war, dass er es hätte tun sollen.

Als die Klasse langsam zurückkehrte, stand Bernd draußen und wartete darauf, dass Jacqueline zurückkam, aber sie kam nicht zurück. Er wollte Jacqueline gerade zur Polizeistation folgen, als Han rief: „Herr Becker?“

Er drehte sich um und sah, wie Han ihn winkte: „Wir fangen gleich an. Sie wollen doch nicht noch mehr von meinem Unterricht verpassen, oder?“ Bernd drehte sich zu Han um und folgte ihm in die Klasse. Als er sich setzte, gab Klaus ihm ein Zeichen: „Was ist los?“ Bernd zuckte mit den Schultern. Mit der Zeit war Bernd davon überzeugt, dass er nicht hätte zulassen sollen, dass Jacqueline allein zur Polizei geht, und als Han abgelenkt war, stand er bei der ersten Gelegenheit auf und verließ den Raum.

Er fragte an der Rezeption, wo die Polizeistation sei. Ihm wurde gesagt, er solle links auf der Straße und am alten Leuchtturm vorbeigehen. Er musste die Hauptstraße überqueren und rechts, hinter einigen Bäumen, würde er das Gebäude finden. Ihm kam der Gedanke, dass Jacqueline nicht in diese Richtung gegangen war, aber es auf die Verwirrung in der Situation zurückführte. Er folgte den Anweisungen und betrat das Polizeigebäude knapp zehn Minuten später. Von Jacqueline war nichts zu sehen, und als er nach Petra Beyer fragte, fragte der gesetzte Beamte hinter dem Schreibtisch, wer er sei. „Oh, ich bin ihren Freund und sie hat mir erzählt, dass sie hierherkommt, um einen Vorfall zu melden.“

„Ich fürchte, ich kann Ihnen nicht helfen, Herr …“, sagte der Beamte. „Becker,“ ergänzte Bernd.

„Sie werden ihre Nummer haben, wenn sie ihre Freundin ist. Ich schlage vor, dass Sie versuchen, sie anzurufen.“

Bernd hatte das Gefühl, unter Beobachtung zu stehen, also sagte er: „Ja, natürlich“, als ihm plötzlich einfiel, dass sein Handy im Hotel war. Er eilte aus dem Polizeirevier und ging zügig auf das Hotel zu, merkte aber auf halbem Weg, dass sie nie Telefonnummern ausgetauscht hatten. Er stand einen Moment verwirrt da. Wo könnte sie sein? Was wäre, wenn die Männer sie abgefangen hätten? Er konnte den Puls an seinem Hals spüren und rannte verzweifelt auf das Hotel zu, obwohl er nicht sicher war, warum. Es schien einfach der beste Ausgangspunkt zu sein.

In fünf Minuten erreichte er das Hotel und ging in sein Zimmer, aber Jacqueline war auch nicht da. Dann bemerkte er, dass nicht nur der Zimmerservice das Zimmer gereinigt hatte, sondern auch Jacquelines Sachen, die auf dem Tisch gelegen hatten, verschwunden waren. Er öffnete den Kleiderschrank und auch ihre Kleidung war verschwunden. Bernd rieb sich die Augen und Panik überkam ihn. Was hatte sie getan?

Er öffnete den Safe, fand sein Handy und sah, dass er eine Nachricht hatte. Er dachte, es müsse seine Tochter sein, aber die Nummer hatte keinen Namen. Als er die Nachricht öffnete, hieß es: „Bernd, tut mir leid, sie sind zu nah dran. Ich möchte nicht, dass du verletzt wirst, also musste ich gehen. Sei nicht beunruhigt – ich melde mich bei dir. J.“

Bernd warf das Handy aufs Bett, ging auf den Balkon und stand verzweifelt da. Dann hörte er ein Klopfen an der Tür, rannte hinüber und öffnete die Tür, in der Hoffnung, Jacqueline zu sehen. Aber es waren die jungen Männer, die er an diesem Morgen gesehen hatte, wie sie sich mit Uri unterhielten, bevor er joggen ging. Sie sagten zunächst nichts, drängten sich aber in den Raum und schlossen die Tür. Bernd wurde überwältigt und zurückgedrängt, bis er stolperte und auf den Rücken fiel. Einer der Männer stellte seinen Fuß auf seine Brust und der andere durchsuchte den Kleiderschrank.

„Wo ist sie, Herr Becker?“ fragte der schlanke junge Mann, dessen Fuß auf seiner Brust lag. Er sah, wie der andere, ein etwas pummeliger junger Mann, den Telefon in der Hand nahm. „Was ist die PIN-Nummer?“

Er gab ihnen seine PIN und der pummelige Mann sagte: „Da ist eine Nachricht, mais le numéro est supprimé.“

Der Schlanke fragte auf Deutsch: „Wo ist sie, Herr Becker?“

„Ich weiß es nicht“, brachte Bernd mit dem Druck auf seiner Brust heraus.

Sie sprachen untereinander Französisch und der Pummelige rief jemand an. Dann wurde Bernd hochgezogen und auf einen Stuhl gesetzt. „Beweg dich nicht!“ befahl der Schlanke.

Die jungen Männer saßen auf dem Bett und sprachen Französisch miteinander und schienen auf etwas zu warten. Nach fünfzehn Minuten klopfte es an der Tür und einer öffnete sie.

Bernd traute seinen Augen nicht, als eine schlanke junge Frau den Raum betrat, deren üppiges rotes Haar über ihre Schultern fiel. Sie bemerkte, dass er den Mund öffnete, und sie lächelte mit einem fast vertrauten Lächeln. „Ich sehe, Sie erkennen mich!“ sagte sie, „Oder ich komme Ihnen bekannt vor.“

Bernd sagte „Julia“ und sie lachte.

„Auf Anhieb richtig! Zumindest haben wir den Ärger darüber überwunden, dass Sie behaupten, meine Mutter nicht zu kennen.“

Bernd bemerkte, wie ihr Aussehen ihn aus irgendeinem Grund beruhigte. „Was wolle sie? Werden sie mir weh tun?“

Julia lachte wieder: „Oh nein, Herr Becker, wir tun niemandem weh – zumindest nicht immer.“ Außerdem sind Sie nicht wirklich wichtig. Du bist ein Niemand, aber ein Ärgernis. Ich möchte, dass Sie wissen, dass Sie meine Mutter nicht wirklich kennen. Sie ist ziemlich verrückt, aber sehr manipulativ. Ich wette, sie hat Sie um den Finger gewickelt.“

„Warum lassen Sie sie nicht einfach in Ruhe?“ fragte Bernd und Julia lachte erneut theatralisch.

„Oh, wir würden sie in Ruhe lassen, wenn sie mich in Ruhe lassen würde. Sie glaubt, mir die Wahrheit über meinen Vater sagen zu können, aber ich weiß alles über ihn und liebe ihn. Sie ist ziemlich besessen von der Idee, dass mein Vater sie betrogen hat, aber das sind alles Lügen, Herr Becker.“

„Aber Sie glauben, Sie könnten Ihre Handlanger dazu benutzen, in mein Zimmer einzudringen, mich zu Boden zu stoßen und mit Gewalt zu drohen, und dann würde ich Ihnen glauben? Ich denke, Sie sind genauso verrückt, wie Sie behaupten von ihrer Mutter.“

Julia lachte erneut. „Herr Becker, Sie sind nur eine weitere Errungenschaft meiner Mutter, und ich möchte Ihnen nur sagen, dass Sie sich da raushalten sollen. Andernfalls könnten Konsequenzen auf Sie zukommen. Vergessen Sie sie, vergessen Sie alles, was sie gesagt hat, und denken Sie daran, dass wir es wissen werden, wenn sie Sie kontaktiert. Riskieren Sie es nicht.“

Bernd sah Julia vom Stuhl aus an und sagte: „Julia, in einem haben Sie recht. Ihre Mutter hat die Illusion, dass sie ihr Kind zurückbekommen könnte. Sie sind es aber nicht einmal wert. Sie haben ihr Aussehen, aber Ihr Charakter ist schlecht. Sie denken, Sie können alles tun, was Sie wollen!“

„Tut tut, Herr Becker, Sie sollten wissen, dass Sie gut beraten sind, sich nicht mit Beschwerden an die Polizei zu wenden, denn man hat ihnen gesagt, dass Sie meiner Mutter in ihrem Wahnsinn geholfen haben, und obwohl Sie da rauskommen werden, wird es ihnen zumindest lästig sein.“

Julia drehte sich zum Gehen um und sagte abweisend über ihre Schulter: „Vergessen Sie sie einfach. Sie ist Ihre Mühe nicht wert!“ Dann ging sie und ihre Männer folgten ihr aus der Tür.