Das Problem mit den Männern

Wenn man sich als Mann diesem Thema nähert, muss man eine Menge Selbstkritik in Betracht ziehen, aber auch die Beobachtungen aus sechs Jahrzehnten Erfahrung, in denen mein Mannsein von weiblichen Kollegen ebenso gefordert wurde, wie es in verschiedenen Situationen ein Hindernis war. Da ich ein sehr abwechslungsreiches Berufsleben hatte, vom Soldaten bis zum Altenpfleger, habe ich das Mannsein in vielerlei Hinsicht erlebt und gesehen, wie vielfältig die Eigenschaften eines Mannes sein können, was die Verallgemeinerung der Probleme von Männern in Frage stellt. Männer teilen jedoch die Probleme anderer Männer, einfach dadurch, dass sie das Gegengeschlecht zu Frauen sind, deren Wahrnehmung von Männern durch ihre Erfahrungen geprägt ist.

Natürlich wurde in unserem derzeitigen Trend der extremen Inklusivität viel darüber diskutiert, was ein Mann oder eine Frau sein könnte, ohne zu einem Ergebnis zu kommen, das Menschen in öffentlichen Ämtern offen erklären können, ohne von der einen oder anderen Seite kritisiert zu werden. Die Tatsache, dass ein Politiker es vermeidet, die Frage „Was ist eine Frau?“ zu beantworten, ist bezeichnend für die Verwirrung, in der sich unsere Gesellschaft befindet. Auf der einen Seite gibt es Menschen, die davon ausgehen, dass das Geschlecht ein Gefühl ist, das man in einem frühen Stadium des Lebens „kennen“ kann, auf der anderen Seite ist es schwer zu definieren – Meinungen, die sich widersprechen. Ich bin mutig genug zu sagen, dass ich in meinem Alter weiß, was ein Mann oder eine Frau ist, und dass sie speziell durch ihre natürliche Physiologie erkannt werden. Von diesem Gesichtspunkt aus werde ich fortfahren.

Es gab keinen Zweifel darüber, was ein Mann oder eine Frau ist, zumindest in der Zeit, in der wir Geschichte haben. Die Erwartungen an jedes Geschlecht wurden von der Natur diktiert, insbesondere bei der Fortpflanzung zum Fortbestand der Spezies. Die Frage, ob Männer und Frauen mit diesem Arrangement glücklich waren, war lange Zeit irrelevant. Zunächst war die Vorbereitung der Kinder auf ihre Rolle im Leben eine Überlebensnotwendigkeit, und selbst in jüngerer Zeit, als die Zivilisation die Zahl der von der Natur gestellten Herausforderungen reduzierte, blieben die grundlegenden Rollen von Männern und Frauen dieselben. Die Gelegenheit, den Status quo zu ändern, kam sehr spät, bei der die Frauen als menschliche Wesen, die nicht vollständig von ihren Körperfunktionen diktiert wurden, anerkannt wurden und als die Vorreiter dieser Entwicklung ermöglichten entweder durch Enthaltsamkeit oder später durch Eingriffe. Gleichzeitig brachen viele Männer aus den Konventionen aus, in denen sie sich eingeengt fühlten, und führten ein Leben, das sich den Blicken der Mitmenschen entzog. Trotz der wachsenden Vielfalt gab es keinen Zweifel daran, was ein Mann oder eine Frau war.

Die Probleme mit Männern müssen also eine Perspektive haben, aus der sie wahrgenommen werden, und es ist ganz natürlich, dass die Probleme aus der Perspektive der Frauen am offensichtlichsten sind. Männern wird eine „toxische“ Männlichkeit vorgeworfen, die sich in einem gereizte Verhalten gegenüber Frauen äußert, die sich nur als Sexobjekte oder potenzielle Partner für die Fortpflanzung wahrgenommen fühlen. Als ich aufwuchs, befanden wir uns in der Phase der Emanzipation durch die Antibabypille, aber auch durch die Verbreitung von Pornografie, und wir lebten in einer so genannten „permissiven Gesellschaft“, was tatsächlich bedeutete, dass Sex ein Thema wurde, über das offen gesprochen wurde. Mit solchen Diskussionen wurden Erwartungen an die Geschlechter gestellt, wie attraktiv sie sein sollten, oder, im Falle von Männern, wie sie „funktionieren“ sollten. Selbst im letzten Schuljahr gab es Mitschüler, die sexuell aktiv waren – manchmal sogar im Klassenzimmer. Die damaligen gegenseitigen Erwartungen setzten sowohl Männer als auch Frauen unter Druck, sich anzupassen, und ich erinnere mich, dass diejenigen, die sich nicht anpassten, bis zu einem gewissen Grad zu Ausgestoßenen wurden. Es gab auch zahlreiche „Opfer“ der Freizügigkeit, meist junge Frauen, die ungewollt schwanger wurden, sowie Männer und Frauen, die sich sexuell bedingte Krankheiten zuzogen.

Ich glaube, dass diese Phase in vielen Ländern noch nicht überwunden ist und obwohl der Konformitätsdruck gelockert wurde, so dass Homosexualität möglich ist, die Erwartungen sind nach wie vor vorhanden und es wird berichtet, dass sogar Schulkinder haben zu Pornografie Zugang. Da von Männern erwartet wird, dass sie die aktiven Partner in sexuellen Beziehungen sind und ihre „Leistung“ von Frauen beurteilt wird, die erwarten, dass ihre eigenen Wünsche befriedigt werden, ist der Druck auf Männer größer, was zu sexuellen Problemen wie erektiler Dysfunktion (Impotenz oder ED), vorzeitigem Samenerguss und Libidoverlust führt. Die Definition einer befriedigenden sexuellen Beziehung hängt davon ab, was jede Person für sich selbst als befriedigend empfindet, und wenn Partnerschaften nur auf gegenseitigen Erwartungen beruhen, kann der eine oder andere unzufrieden werden. Es gibt auch eine große Zahl von Männern und Frauen, die keine sexuelle Beziehung haben, was sich negativ auf ihr Sozialverhalten auswirken kann.

Ich denke, dass hier viele Probleme mit Männern entstehen, weil Männer in Beziehungen im Allgemeinen weniger umgänglich sind und dazu neigen können, Frauen in eine eher unterwürfige Rolle zu zwingen. Dies kann sich noch verstärken, wenn ein Mann nicht das bekommt, was ihm seiner Meinung nach zusteht, oder wenn der Druck, die erwarteten Leistungen zu erbringen (nicht nur sexuell, sondern auch beruflich), zu groß wird, was zu Alkoholismus oder Drogenkonsum führen kann. Dies wird noch komplizierter, wenn der Mann aus einer Familie kommt, wo Missbrauch betrieben wurde, wenn er den Wunsch entwickelt, die Familie zu kontrollieren, oder wenn es zu finanziellen Schwierigkeiten kommt und häusliche Gewalt die Oberhand gewinnt. Ein körperlich starker Mann kann eine durchschnittliche Frau leicht dominieren, was die Frauen zum traditionellen Opfer und zu denjenigen macht, die geschützt und einen sicheren Raum brauchen.

Männer unterschätzen oft die Angst, die Frauen haben, wenn Männer aggressiv werden, selbst wenn sich ihre Aggression nicht gegen Frauen richtet, und das schließt alle Demonstrationen von Stärke und Dominanz ein. Das hat viel damit zu tun, dass Frauen lange darunter gelitten haben, untergeordnet zu sein, und dazu neigen, immer wieder in diese Rolle zu fallen, obwohl sie die Fähigkeit haben, die Dinge angemessen zu regeln. Männern mangelt es auch an Einfühlungsvermögen gegenüber Frauen, deren Physiologie auch ihre Stimmungen und ihre Fähigkeit zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben bestimmt, was dazu führen kann, dass sie Flirtversuche von Männern zurückweisen, wie gut gemeint sie auch sein mögen. Männern fehlt auch oft die Perspektive von Frauen, die in jeder Situation andere Signale wahrnehmen als Männer, was auf ihre unterschiedlichen physiologischen Wahrnehmungsfähigkeiten zurückzuführen ist. Auch die Verarbeitung von Emotionen fällt Frauen leichter als Männern, da sie sich leichter einen Reim auf eine Situation machen können.

Diese Unterschiede werden besonders deutlich, wenn man viele Transfrauen beobachtet, die, obwohl sie sich angeblich als Frau fühlen, nicht in der Lage sind, sich in typisch weibliche Empfindungen einzufühlen. Deutlich wird dies an Fällen von Transfrauen in geschützten Unterkünften für Frauen, die häusliche Gewalt erlitten haben, und die kein Einfühlungsvermögen für das Trauma der Frauen aufbringen, in einigen Fällen ihre Stimme erheben oder sogar nackt herumlaufen und ihre männlichen Genitalien zur Schau stellen, was Ängste auslöst. Sie aber dennoch erwarten, als Frauen akzeptiert zu werden. Nirao Shah, Professor für Psychiatrie und Verhaltenswissenschaften sowie für Neurobiologie, sagte: „Alle sozialen und sexuellen Begegnungen beruhen darauf, dass man zunächst das Geschlecht des anderen korrekt identifiziert, das ist eine grundlegende Entscheidung, die Tiere treffen.“ Aufgrund einer wachsenden Liste von Hirnschaltkreisen bei Säugetieren, die bei Männchen anders funktionieren als bei Weibchen, erweisen sich Frauen im Allgemeinen als geschickter bei der Erkennung des anderen Geschlechts und orientieren sich stärker an Gesichtern und Bewegungen als Männer. Dies macht es einer traumatisierten Frau schwer, wegzuschauen, wenn eine Person, die sie sofort als Mann identifiziert, den Raum betritt.

Die Frage ist also: Was muss getan werden, um diese Probleme in den Beziehungen zwischen Männern und Frauen zu überwinden? Es sollte nicht nötig sein zu sagen, dass beide Seiten zusammenarbeiten müssen und dass nicht nur die Männer das Problem sind. Viele Mütter haben eine wichtige Rolle bei der Erziehung ihrer Söhne zum Erwachsensein gespielt, und zu viele haben dies getan, indem sie sich auf konventionelle Normen verlassen haben, die Männer auf bestimmte gesellschaftliche Erwartungen beschränken und von ihnen verlangen, dass sie sich daranhalten, da sie sonst schwerer Kritik und Spott ausgesetzt sind. „Jungs weinen nicht“ oder alles, was mit „Echte Männer tun/nicht tun…“ beginnt, sind klassische Beispiele für die Verstärkung toxischer Regeln, die von ihnen erwarten, stoisch, gefühllos, logisch und furchtlos zu sein, was sie einem größeren Risiko aussetzt, an psychischen Problemen zu leiden.

Obwohl das Abendland angeblich von christlichen Moralvorstellungen beeinflusst wurde, sind Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung keine offensichtlichen Verhaltensmodelle. Wenn sich die Männer ändern sollen, muss die Gesellschaft sensibler für das werden, was den Menschen schadet, sei es in Beziehungen, bei der Arbeit, im Spiel oder in unserer populären Darstellung des Lebens in der Unterhaltung. Frauen müssen begreifen, dass Männer auf andere Weise verletzlich sind als sie selbst, und ein populäres deutsches Lied von Herbert Grönemeyer hat dies gut demonstriert:

Männer nehm’n in den Arm, Männer geben Geborgenheit

Männer weinen heimlich, Männer brauchen viel Zärtlichkeit

Oh Männer sind so verletzlich

Männer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich

Männer kaufen Frauen, Männer stehen ständig unter Strom

Männer baggern wie blöde, Männer lügen am Telefon

Oh Männer sind allzeit bereit

Männer bestechen durch ihr Geld und Ihre Lässigkeit

Männer haben’s schwer, nehmen’s leicht,

Außen hart und innen ganz weich

Werd’n als Kind schon auf Mann geeicht                   

Wann ist ein Mann ein Mann?

Wann ist ein Mann ein Mann?

Wann ist ein Mann ein Mann?

Männer haben Muskeln, Männer sind furchtbar stark

Männer können alles, Männer kriegen ’nen Herzinfarkt

Oh Männer sind einsame Streiter, Müssen durch jede Wand,

Müssen immer weiter, Männer haben’s schwer, nehmen’s leicht,

Außen hart und innen ganz weich

Werd’n als Kind schon auf Mann geeicht

Wann ist ein Mann ein Mann?

Wann ist ein Mann ein Mann?

Wann ist ein Mann ein Mann?

Männer führen Kriege, Männer sind schon als Baby blau

Männer rauchen Pfeife, Männer sind furchtbar schlau

Männer bauen Raketen, Männer machen alles ganz genau

Wann ist ein Mann ein Mann?

Wann ist ein Mann ein Mann?

Männer kriegen keine Kinder, Männer kriegen dünnes Haar

Männer sind auch Menschen, Männer sind etwas sonderbar

Männer sind so verletzlich, Männer sind auf dieser Welt

Einfach unersetzlich.

Männer haben’s schwer, nehmen’s leicht,

Außen hart und innen ganz weich

Werd’n als Kind schon auf Mann geeicht

Wann ist ein Mann ein Mann?

Wann ist ein Mann ein Mann?

Wann ist ein Mann ein Mann?

Wann ist man ein Mann?

Wann ist man ein Mann?

Wann ist man ein Mann?

Auf der Suche nach Sinn und Weisheit

Ich bin ein privilegierter Mensch, zumindest fühle ich mich so, und ich bin dankbar, dass trotz der wenigen widrigen Umstände, die ich bereits erlebt habe, nichts so schlimm war, dass es in die Nachrichten gekommen wäre, geschweige denn so schlimm, wie es viele Millionen Menschen auf der ganzen Welt im Laufe meines Lebens erlitten haben. Wenn ich auf fast sieben Jahrzehnte zurückblicke, war ich mir meines Privilegs nicht immer bewusst, und wie alle Menschen hat man mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Seit meinem zweiten Lebensjahr wuchs ich in Devon, England, auf, wo mein Vater in der britischen Armee in einer Einheit mit Amphibienfahrzeugen diente. Diese Zeit wurde von dem Unfall überschattet, bei dem mein Vater seine Mannschaft verlor. Da der Unfall auf einen Konstruktionsfehler zurückgeführt wurde, traf meinen Vater keine Schuld, dennoch war er zutiefst betroffen, und es hatte zur Folge, dass er keinen Geistlichen ertragen konnte, der ihm Trost spenden wollte. Mein Vater war damals ein Meisterschwimmer, was ihn gerettet hat, ebenso wie die Tatsache, dass er oben war, als die Maschine in die Tiefe stürzte. Ich habe ihn immer als etwas melancholisch und sehr pflichtbewusst erlebt, was ihm von allen Familienmitgliedern nachgesagt wurde. Er wirkte streng, aber ich traf viele Menschen im Lauf des Lebens, die ihm dankbar waren, und viele Menschen, die nur Gutes über ihn sagen konnte.

Für einen Jungen, der vier Jahre auf einen Bruder warten musste, war es eine Zeit des unsichtbaren Freundes, der Fantasien, tiefen Eindrücke, und wilde Ausschweifungen, die zu Unfällen führte, die zum Glück nicht tödlich endete. Ich war die meiste Zeit in meine eigene Welt, die nur notdürftig der realen Welt tangierte. Ich erzählte von Dinge, die meine Familie als blühende Fantasie beschrieb, und hatte Schwierigkeiten, die Realität zu akzeptieren. Die Erinnerungen an die Zeit damals sind schleierhaft, als ob ich nicht immer da war, was nach den Erzählungen meiner Mutter, zum Teil stimmte. Ich habe als Kind das Gefühl gehabt, dass es viel zu viel gab, mit dem ich zusammenstoßen könnte, und so hielt ich mich zurück und beobachtete, oder versank in eine andere Welt meiner Fantasie.

Ich hatte eine schwierige Beziehung zur Schule, was nicht gerade hilfreich war. Nachdem ich in Devon eingeschult worden war, wechselte ich wegen der Versetzung meines Vaters nach Malaysia die Schule, dann wieder nach seiner Rückkehr (von den Unterbrechungen ganz zu schweigen), dann in die Sekundarstufe, noch einmal, als er die Armee verließ und in meinen Geburtsort zog, mit einem erneuten Wechsel in den letzten Schuljahren, war es mir kaum möglich, akademisch etwas zu erreichen. Ein Lehrer hatte mein Interesse an Literatur, klassischer Musik, Theater und Tanz geweckt, aber innerhalb eines Jahres war ich schon wieder woanders, und jeder Versuch, wieder Anschluss zu finden, scheiterte. Ich tauchte wieder in meine Fantasie ab, schwänzte die Schule und versteckte mich in Cafés, um Hefte voll zu kritzeln.

Dieser kurze Einblick in meine frühe Kindheit sollte nur verdeutlichen, dass ich von Anfang an eher zum Rückzug neigte, und spätere Begegnungen mit der Welt verstärkten diese Neigung, auch wenn ich mich bemühte, teilzunehmen. Kein Wunder also, dass ich in der Berufswelt als unreifes, schüchternes Wesen auftrat, das buchstäblich an die Hand genommen werden musste. Im privaten Bereich wurde diese Aufgabe meinem Cousin übertragen, der ein Jahr jünger war und dem ich irgendwie interessant erschien. Wir wurden beide eindringlich darauf hingewiesen, dass wir als Cousinen keine Liebesbeziehung haben durften, was mir etwas seltsam vorkam, aber vielleicht war sie in dieser Hinsicht schon weiter als ich.

Als ich beschloss, zum Militär zu gehen, erregte ich allgemeines Aufsehen, und mein Vater hielt mich davon ab, bis ich mit achtzehn Jahren selbst entscheiden durfte. Er war immer noch dagegen und warnte mich eindringlich vor einer Dummheit, ohne ins Detail zu gehen. Es war eine andere Welt, und doch merkte ich bald, dass meine Neigung, alles aus der Ferne zu beobachten, sich als hilfreich erwiesen hatte, um zu verhindern, dass ich nachts weinte, wie einige meiner Kameraden. Es war eine Erleichterung, als die Grundausbildung vorbei war und wir nicht mehr mit Waffen umgehen mussten. Der Ton wurde weniger rau, aber die Fahrschule wurde durch zwei cholerische Fahrlehrer anfangs erschwert, bis ich die größeren Fahrzeuge fahren durfte. Als ich endlich Panzer fahren durfte, wurde ich als Naturtalent bezeichnet, was aber bedeutete, dass ich meine Prüfung früher als sonst ablegen musste und weniger fahren durfte.

Erst als ich nach Deutschland versetzt wurde, bekam ich ein Gefühl dafür, was ich suchte. Es war mir selbst ein Rätsel, warum ich Soldat wurde, aber ich begann zu begreifen, dass ich aus England herauswollte, und Deutschland erschien mir auf eine angenehme Weise sehr fremd. Das bisschen Deutsch, das ich in der Schule gelernt hatte, diente nur zur Belustigung der deutschen Frauen und es dauerte nicht lange, bis meine Zeit in der Kaserne zweitrangig wurde und ich die Stadt, in der ich stationiert war, und vor allem die Frauen entdeckte. Der schüchterne Junge, der ich war, merkte plötzlich, dass die Gesellschaft von Frauen sehr angenehm war, und ich verlor meine anfänglichen Hemmungen. Dennoch wurde meine verspielte Art nicht von allen akzeptiert, und ich hörte sehr oft: „Du meinst es nicht ehrlich!“ Nachdem eine Freundschaft mit einer Lehrerin aus England zu einer Mitgliedschaft in einem Buchclub geführt hatte, begann ich zu lesen und entdeckte, dass viele meiner Fragen schon vor langer Zeit von Autoren gestellt worden waren. Die Welt begann sich zu öffnen.

Die erste richtige Beziehung, die ich hatte, endete nach der Tour in Nordirland – obwohl ich bis zum Schluss Briefe erhielt, die ihre Liebe bezeugten. Diese Erfahrung setzte in mir einen Prozess in Gang, und bis dahin hatte ich weiter für mich geschrieben, manchmal in sehr schlechtem Deutsch – manchmal hatte ich sogar auf Wunsch Liebesbriefe für meine Kameraden geschrieben, die sie dann an ihre Freundinnen schickten. Das Verhältnis zu meinem Vater litt unterdessen darunter, dass er nicht daran interessiert war, auf meine Vermutungen, Fragen und Beobachtungen ausführlich einzugehen. Infolgedessen hatte ich viele Fragen, die niemanden in meinem Umfeld interessierten, die aber durch das Lesen zunahmen, und ich merkte, wie sich in mir eine Leere auftat.

Es war nur logisch, dass ich, als ich in dieser Situation meine zukünftige Frau traf und wir lange Gespräche führten, die zwar noch nicht alle Fragen in mir beantworteten, aber dem Leben plötzlich eine Tiefe gaben, daran festhalten wollte. Nach kurzer Zeit machte ich ihr einen Heiratsantrag, auf Deutsch und falsch ausgesprochen, aber immerhin. Sie stellte klar, dass sie nie nach England ziehen wollte, und ich konnte ihr versichern, dass ich es auch nicht wollte. Unsere Entscheidung hat alle schockiert, vor allem mein damaliger bester Freund, der sogar in Frage stellte, ob ich überhaupt heiraten sollte. Meine Familie war in Aufruhr, denn meine Mutter hatte geplant in dem Jahr wieder zu heiraten und konnte es sich nicht leisten, auch noch nach Deutschland zu kommen, und mein Vater vermutete, dass ich nicht nach England zurückkehren würde.

So chaotisch unsere Hochzeit auch war, ohne meine Familie, da mein Bruder, der ebenfalls in Deutschland stationiert war, vergessen hatte, zur Hochzeit zu kommen, und nur mit meinem besten Freund als Trauzeugen, aber in Anwesenheit einiger älterer Damen aus dem Altenclub, den die Großmutter meiner Frau besuchte, war es der Beginn einer langanhaltenden Beziehung für uns beide bis heute. Die Strapazen des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Militär bestärkten mich in meinem Entschluss, einen Neuanfang zu wagen, und so wurde ich 1978 zum Emigranten und in gewisser Weise zum Exilanten. Obwohl es viel über die ersten Jahre in Deutschland zu sagen gibt, möchte ich nur sagen, dass ich in eine Lernphase eintrat, die einer Explosion glich. Ich konnte nicht genug lesen und habe alles aufgesogen, was ich bekommen konnte. Die Frage nach dem Sinn des Lebens und einer angemessenen Richtung machte sich in mir breit, und in dem Haus, in dem wir wohnten, gab es auch Studenten, mit denen ich viele Abende in feucht-fröhlichen Diskussionen verbrachte, was natürlich auch dazu beitrug, mein Deutsch zu verbessern.

Als meine Frau schwanger wurde, änderte sich etwas. Mir wurde klar, dass mein bisheriges Leben als LKW-Fahrer nicht erfüllend war, und mit einem Kind musste sich etwas ändern. Ich besuchte die Abendschule, um die notwendigen Qualifikationen zu erwerben und einen Beruf zu erlernen. Ich hatte die Altenpflege im Sinn, weil die Großmutter meiner Frau bereits in einem Altenheim lebte und ich bei Besuchen das Gefühl hatte, dass das zu mir passen könnte. Leider hatte ich nicht bedacht, dass mit unserem neugeborenen Sohn die sehr schlecht bezahlte Ausbildung nicht möglich sein würde, und obwohl ich bereits Zusagen hatte, musste ich erst einmal absagen. Stattdessen bekam ich ein Angebot, als Zivilist in einer Werkstatt der britischen Armee zu arbeiten. Als die Werkstatt nach zehn Jahren und nach dem Fall der Berliner Mauer und der Auflösung der UdSSR aufgelöst wurde, bekam ich eine zweite Chance, jetzt als Umschüler, eine Ausbildung zum Altenpfleger.

In der Zwischenzeit hatte ich mich einer Gruppe von Christen angeschlossen, die sich selbst als „bibelgläubig“ bezeichneten, was sehr aufschlussreich war, und ich hatte dort viele Freunde gefunden. Nach ein paar Jahren fühlte sich die fundamentalistische Ausrichtung jedoch einengend an, und nach einem Gespräch mit einem älteren Leiter des Kreises, der mir bestätigte, dass ich „weiterziehen“ müsse, trennte ich mich von der Gruppe. Denn ich hatte begonnen, an dem begrenzten Konzept „Gott“ zu zweifeln, auch wenn ich noch nicht die richtige Formulierung gefunden hatte, fand ich die Ideen, die ich in der Gruppe hörte, zu klein und inkonsequent. Ich hatte angefangen, vergleichende Studien zu lesen und den Buddhisten, die Vedische Tradition und Taoisten zuzuhören, wie ihr Verständnis des „einheitlichen Ganzen“ viel größer war.

Die Ausbildung hat mir noch einmal eine ganz neue Perspektive und neuen Lesestoff gegeben. Die Kombination aus der Ausbildung und der geistigen Horizonterweiterung, vor allem im Umgang mit Menschen am Ende ihres Lebens, wobei ich natürlich mehr mit Bewohnern zu tun hatte, die nacheinander starben, stärkte in mir einen Idealismus, der mir in allem eine Richtung gab und mich schließlich in die Leitungsposition führte. Die Kirchengemeinde, der ich mich angeschlossen hatte, wollte mich auch zum Presbyter wählen, was ich zuließ. Das Problem, wenn man so idealistisch ist, ist, dass man enttäuscht werden kann. Ein heftiger Streit in der Gemeinde, ein cholerischer Chef, anhaltend schwierige Umstände, die man kaum lösen kann, und der Verlust der sozialen Ausrichtung der Arbeit trugen dazu bei, dass sich allmählich Enttäuschung einstellte, die nach anhaltendem Stress im Burnout endete.

Es ist wichtig zu erkennen, dass die Situation, in der man sich befindet, das Problem ist, denn wenn man deprimiert ist, neigt man dazu, sich selbst herunterzumachen und sich die Schuld zu geben. Nicht, dass man keine Fehler macht, aber wenn eine Situation zu einem Teufelskreis wird, aus dem es kein Entrinnen gibt, wird einem klar, dass man in einem Prozess gefangen ist, der eher einer Maschine gleicht als einem gesunden menschlichen Leben, in dem Fehler korrigierbar sind und nicht das Ende von allem bedeuten. Wir sind leider Opfer einer einseitigen Sichtweise auf das Leben geworden, und die vielen Krisenherde in der Welt zeigen uns, dass wir aus den Fehlern des vergangenen Jahrhunderts noch nicht gelernt haben. Wenn wir in der Lage wären, mehr das große Ganze zu betrachten, würden wir sehen, welche Teufelskreise wir schaffen.

Das Thema meines Blogs wird sein, diese Perspektive zu erforschen, und ich hoffe, dass meine LeserInnen es interessant finden, nach Weisheiten zu suchen, die uns helfen, der Maschine zu entkommen und zu leben, zu lieben, zu lachen und wenn nötig zu weinen. Ich freue mich darauf, von Ihnen/Euch zu hören, egal ob es sich um Kritik, Ermutigung oder Fragen handelt.

Ich danke Ihnen/Euch für Ihre Zeit.